Giscard: Erneutes irisches Referendum vor den EU-Wahlen

Der ehemalige französische Staatspräsident Valéry Giscard d’Estaing möchte, dass noch vor den EU-Wahlen im Juni ein zweites Referendum in Irland abgehalten wird:

Er sei dafür, das eigentlich für Oktober anvisierte Referendum auf April oder Mai vorzuziehen, sagte Giscard am Samstag der Zeitung „The Irish Times“. Ein irisches Referendum erst im Herbst könne während der Bildung der neuen EU-Kommission Verwirrung stiften, weil dann zu lange unklar sei, ob 17 oder 27 Kommissare zu ernennen seien, sagte Giscard.

Das Einzige, was Giscard offensichtlich verhindern möchte, ist die Gefahr, dass der Lissabon-Vertrag Hauptthema der kommenden EU-Wahlen wird und die Bürger das ihnen nicht gewährte Referendum über den Reformvertrag durch ihre Stimmabgabe bei den Wahlen nachholen. Viel besser wäre es ja, wenn alles schon in Sack und Tüten ist und die Bürger resignierend ihr Kreuzchen an der richtigen Stelle oder eben gar nicht machen. Das irische Volk würde darüber hinaus im Überraschungsangriff das erwünschte Ergebnis ausspucken – die momentanen Umfragen passen ja ins Konzept – und der Widerstand wäre ohne Libertas im EU-Parlament geringer.

Dass solche Forderungen an der Realität vorbei gehen (allerfrühestens wird von einem erneuten Referendum im Herbst ausgegangen) und dass man mit einem erneuten Referendum generell das demokratische Prinzip unterminiert, stört die französischen EUrokratiker schon lange nicht mehr. Der Druck auf die irische Regierung während der französischen Ratspräsidentschaft war immens. Man denke nur an Sarkozys klare Worte: „Die Iren werden nochmals abstimmen müssen“. Glücklicherweise ist dies ja heute ein wenig anders und einer wie Giscard kann nicht mehr völlig ohne Hindernisse den Ausverkauf staatlicher Souveränität durch gefakte Referenden fordern. Den Tschechen sei Dank.

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Doppelt hält besser!

Jetzt ist offiziell, was jedem schon seit dem Ergebnis des 12.Juni klar war: Es wird ein zweites irisches Referendum über den Lissabon-Vertrag im nächsten Jahr geben. Das hat jetzt der EU-Gipfel „beschlossen“. Um die irische Bevölkerung für ein „Ja“ zu ködern, werden einige wenige Zugeständnisse gemacht. So wird u.a. die Verringerung der EU-Kommission zurückgenommen (weswegen Irland seinen ständigen Kommissar behalten darf) und es wird zugesichert, dass das Abtreibungsverbot und die militärische Neutralität Irlands nicht angetastet werden.

Wie es rechtlich möglich ist, einen Vertrag, der in den meisten Ländern schon ratifiziert wurde, nachträglich zu ändern, erschließt sich einem nicht. Es steht zu befürchten, dass dies ein generelles Vorzeichen dafür ist, wie die EU ihre strukturellen Grundsätze je nach Bedarf anpassen wird, wenn ersteinmal der Lissabon-Vertrag mit der Kompetenz-Kompetenz-Klausel in Art.48 verabschiedet wurde.

Man kann nur hoffen, dass die irische Bevölkerung ihrem demokratischen Votum vom 12. Juni treu bleibt und sich sagt: „Doppelt hält besser!“

EU-Rufmord-Kampagne gegen irische Vertragsgegner

Die Iren haben, wie bekannt, den Lissabon-Vertrag abgelehnt. Der Vertrag ist also hinfällig. Nun, zumindest wäre er das, wenn man sich in Brüssel an die selbstgemachten Regeln halten würde, aber seis drum. Irgendwie muss man sich mit dem Ergenis arrangieren. Zunächst setzte man, demokratisch wie man ist, Irland eine Galgenfrist, ob man es sich dort nicht noch einmal überlegen wolle um seinen „Fehler“ bei einer erneuten Abstimmung, das heisst Akklamation, zu korrigieren.

Nun gibt es erste Anzeichen, dass die Galgenfrist vorbei ist. So spricht sich der Außenvizekanzlerkandidat Steinmeier für eine EU-Pause Irlands aus, will heißen, einen befristeten Rausschmiß, bis sich Irland wieder unter-…äh…einordnet.

Andere halten sich nicht mit solchen förmlichen „Angeboten“ auf, sie gehen gleich in die Offensive und machen sich daran, die irischen Lissabon-Gegner als fremdgesteuerte fünfte Kolonne Washingtons zu diskreditieren. Der ehemalige Steineschmeißer, Anarchist und gegenwärtig vom Steuerzahler unterhaltene Euronationalist Cohn-Bendit will von Gerüchten gehört haben, wonach die irische Nein-Kampagne von CIA und Pentagon finanziert wurden, weil diese eine durch den Verfassungsvertrag zu stark werdende EU fürchten würden. Der Chefeuropäer Pöttering stieg sogleich auf diese Steilvorlage ein und forderte eine Offenlegung der Finanzen der Verfassungsgegner-Kampagne Libertas des irischen Unternehmers Declan Ganley.

Libertas äußerte sich inzwischen in einer Pressemitteilung unter anderem wie folgt:

Speaking today, Libertas Chairman Declan Ganley said „this statement gives us grave concern for the state of democracy in Europe“.

„The approach adopted by this European Parliament President’s group is a throw-back to an earlier era in history.“

„The Irish people made their decision on the Lisbon Treaty. That decision must be respected.“

Und weiter:

„Libertas is obliged to communicate the details of its funding to the Irish authorities in 2009. Libertas will comply with this obligation, as it has complied with the rules and campaign funding regulations.“

„Neither Libertas nor I have done anything illegal or wrong – this is interference in the electoral process in Ireland, something that Brussels has no business getting itself involved in and for which the people have not at this point given it competence“.

Die Zielrichtung dieser EU-Strategie ist klar. Die irischen Gegner des EU-Verfassungsvertrags sollen als Werkzeuge Washingtons (des Lieblingsfeinds der Eurokraten) diskreditiert, das Ergebnis des Referendums so delegitimiert werden und so eine erneute Abstimmung gerchtfertigt werden, die dann, nachdem man die Gegner so mundtot gemacht hat, das von Brüssel geforderte Ergebnis erbringt.

Dieses schaurige Schauspiel einer Rufmordkampagne gegen mißliebieg Kritiker, das bisher ebenso erwartungsgemäß wie erschreckend nicht zu einem öffentlichen Aufschrei geführt hat, zeigt wiedereinmal wie berechtigt der Name dieses Blogs ist. Wenn man keine Argumente hat, zumindest keine, die man öffentlich verwenden könnte, man nicht einfach von oben herab dekretieren kann und auch Möglichkeiten der juristischen Manipulation fehlen (die irische Verfassung schreibt eine Volksabstimmung zwingend vor) muss man eben zum Rufmord greifen, um das zu bekommen, was man will.

Spätestens dieses Vorgehen sollte den Menschen ihre Augen über den zunehmend totalitären Charakter der EUdSSR öffnen.

Bekommen wir doch unser Referendum?

Das zumindest ist die Idee von Declan Ganley, dem Hauptkoordinator der No-Kampagne im Vorfeld des irischen Referendums. Er möchte in ganz Europa mehr als 400 Kandidaten für die EU-Parlamentswahlen im kommenden Jahr ins Feld schicken, um so allen die Chance zu geben, Nein zum Lissabon-Vertrag zu sagen. Ein Referendum durch die Hintertür, so zu sagen. Anfangen möchte er mit Großbritannien und wenn möglich darüber hinaus. Dafür wird er seine Lobbyorganisation Libertas in eine Partei umfunktionieren:

„We will tell people that Libertas is the box you put your X in if you want to vote ‚No‘ to the Lisbon Treaty. It’s clear, it’s simple. The message will be: we are now giving you a referendum and it’s going to take place in June of next year at the European elections. People across Europe will have the chance to send the same resounding clear message that Brussels cannot continue with this treaty that the Irish people have rejected.“

Das Anliegen Ganleys ist mehr als nobel. An Mut und Willen wird es ihm zur Umsetzung nicht fehlen. Als problematisch wird sich jedoch die Tatsache erweisen, dass die Wahlmodi von Land zu Land unterschiedlich sind. Hier in Deutschland z.B. bedürfte es einer neuen Parteigründung, die in jedem Bundesland eine eigene Landesliste aufstellen müsste, wo sie antreten will. Einzelkandidaten sind nicht möglich.

Man kann nur hoffen, dass sein Engagement Früchte trägt. Leider ist nicht abzusehen, ob Ganleys Aktion auf dem Festland überhaupt eine Rolle spielen könnte. Aber es wäre schon ein großer Fortschritt, wenn EU-skeptische Fragestellungen die Wahl im nächsten Jahr noch mehr prägen würden als bisher und es insbesondere dem britischen Premierminister Gordon Brown schmerzlich bewusst werden würde, dass man Politik nie gegen das erklärte Interesse der eigenen Bürger betreiben kann.

Kirchhof für neuen EU-Vertrag

Über Wortmeldungen des ehemaligen Verfassungsrichters Paul Kirchhof kann man sich in der Regel immer freuen. Nimmt er doch meist eine klare Kontra-Position zum links-orientierten Mainstream in Politik und Gesellschaft ein. Auch bezüglich des Lissabon-Vertrages nimmt er kein Blatt vor den Mund. So fordert er nun, nach dem Nein der Iren, eine vollständige Überarbeitung des Vertragswerkes, da zu viele nationale Zuständigkeiten zu schnell nach Europa gegangen seien.

Man kann nur hoffen, dass sein Nachfolger, Udo di Fabio, das genauso sieht und sich im Zweiten Senat entsprechend durchsetzen kann. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts über die Klagen des Bundestagsabgeordneten Peter Gauweiler und der Partei „Die Linke.“ stehen noch aus und sind nicht vor Herbst zu erwarten.

Sarkozy will die Iren noch einmal abstimmen lassen

Die Schonfrist ist vorbei. Nach einer kleinen Höflichkeitspause – in aller Achtung und Ehrfurcht vor dem großen Gut der Demokratie – nimmt man sich nun wieder die Iren zur Brust. Der neue Ratsvorsitzende Nikolas Sarkozy wird aus diesem Grund am Montag Irland einen Besuch abstatten. Schon im Vorfeld äußerte er: „Die Iren werden nochmals abstimmen müssen“.

Jedoch: So Stümperhaft, wie Sarkozy die Iren auf ihre – seiner Meinung nach – inakzeptable Entscheidung hinweist und ein zweites Referendum einfordert, wird er genau das provozieren, was er unter allen Umständen verhindern will: Ein zweites Nein der Iren zu einem Lissabon-Vertrag.

Um dies zu verhindern scheint er ein paar Geschenke in der Reisetasche zu haben. Kleine Veränderungen sollen die bittere Pille namens EU-Reformvertrag für die Iren annehmbarer machen. Mögliche Extra-Würste wären die Erhaltung des irischen EU-Kommissars oder eine Zusatzerklärung über eine Respektierung der militärischen Neutralität oder des irischen Abtreibungsverbotes. Diese leichten Änderungen am Vertragswerk sind jedoch ein Spiel mit dem Feuer. Denn die Frage, in wieweit der Vertrag dann noch der Lissabon-Vertrag ist, den schon 23 Länder ratifiziert haben, könnte durchaus aufkommen.

Die Reaktion auf Sarkozys Forderung einer neuerlichen Abstimmung fällt zumindest in Irland zumindest nicht sonderlich positiv aus: „Wir haben nicht die Absicht, uns von wem auch immer einschüchtern zu lassen“, so der irische Außenminister Michael Martin.

Eurobarometer 2008 – Die proeuropäischen Iren

In der vergangenen Woche wurde der neueste Eurobarometer veröffentlicht. In dieser großangelegten Studie wird die Befindlichkeit der europäischen Bevölkerung untersucht. Der neue Bericht enthält einige interessante Punkte.

Das positivste Bild von der EU (Bericht Seite 22) haben Rumänien (67%) und – Irland (65%). Dies verführt natürlich unittelbar zu der Frage: Wenn unter den aktuellen EU-Mitgliedern (Rumänien ist nur Kandidat) in Irland die Zustimmung zur EU am größten ist – wie wäre das Ergebnis einer Volksabstimmung über den EU-Verfassungs- äh -Reformvertrag in sagen wir Polen (58%) ausgefallen? Manche Anhänger der Idee eines europäischen Volkes fordern eine europaweite Abstimmung über Verträge wie den Verfassungsvertrag. Doch wie wäre dieses Ergebnis ausgefallen? Lediglich 48% aller EU-Bürger haben ein positives Bild von der EU, immerhin liegt in der EU der Prozentsatz damit höher als in Deutschland (44%) und Niederlande (43%) – wir erinnern uns, eines der drei auserwählten Völker, die selbst darüber entscheiden durften, ob sie der EU einen Blankoscheck zur Ausdehnung ihrer Befugnisse erteilen – und dies seltsamerweise prompt abgelehnt hatten. Auf der anderen Seite haben unter den Franzosen, das dritte Volk im Bunde, mit 49% mehr Menschen ein positives Bild von der EU.
Da kann man in Brüssel ja froh sein, dass es keine europaweite „Volks“abstimmung gab. Auf der anderen Seite können wir froh sein, dass die Eurokraten so viel Angst vor Volkes Stimme haben, dass sie davor zurückschreckten, durch eine EU-weite Volksabstimmung die Chimäre eines europäischen Volkes zu suggerieren. Angesichts der „Zustimmungs“raten der europäischen Völker zu dem Brüsseler Ungetüm lässt sich aber auch noch hoffen, dass der Weg in die EUdSSR nicht unabänderlich ist.

Die weiteren Hürden des Lissabon-Vertrages

Nach dem gescheiterten Referendum über die EU-Verfassung den Lissabon-Vertrag in Irland herrscht nun heiloses Chaos und Uneinigkeit über den Umgang mit Irland und seinem klaren „No“. Manche wollen die widerspenstigen Irländer vor die Tür setzen, einige verteidigen das vielgescholtene Land, andere wollen ein Europa der zwei Geschwindigkeiten, der Rest suhlt sich in Selbstmitleid.

In einem Punkt jedoch sind sich die allermeisten Regierungschefs einig: Die Ratifizierung des Lissabon-Vertrages muss unter allen Umständen fortgesetzt werden. So sicher dieses Votum klingt, es kann jedoch ungeahnte Komplikationen hervorrufen.

Zu aller erst ist die rechtliche Frage noch gar nicht geklärt. Notwendig für die Annahme des Vertrages von Lissabon ist nämlich die Ratifizierung in allen (!) 27 EU-Mitgliedsstaaten. Rein theoretisch gesehen müsste also das Schicksal des EU-Reformvertrages ähnlich aussehen, wie das der EU-Verfassung – einstampfen, neuschreiben. Natürlich wiegen die Iren bedeutend weniger als die Franzosen und die Holländer zusammen. Deswegen stehen in Bezug auf Irland verschiedene Lösungsvorschläge im Raum, z.B. ein zweites Referendum und/oder Extra-Konditionen für Irland. Beides sind jedoch sehr unsichere Wege. Bei ersterem ist das Ergebnis fraglich und könnte das endgültige Aus für das Vertragswerk bedeuten, bei letzterem kann es passieren, dass sich einige EU-Mitgliedsstaaten gegen die Sonderbehandlung Irland sträuben werden. Ebenso wäre eine einheitliche Grundlage für alle 27 Länder dahin.

Weitere Hürden für den Lissabon-Vertrag dürften darüber hinaus die Entscheidungen der Verfassungsgerichte u.a. in Deutschland, Tschechien und Großbritannien bedeuten. Gewiss wird es keine völlige Ablehnung des Vertragswerks geben, aber schon kleinere Änderungen zugunsten der nationalen Souveränität würden die Einheit des Vertrags zerstören, zu Sonderverhandlungen führen und den Ratifizierungsprozess auf Eis legen. Entscheidungen der Gerichte werden jedoch nicht vor Herbst/Winter diesen Jahres zu erwarten sein.

Änderungen am Vertragswerk bzw. die Neufassung eines Vertrages kann jedoch eine neuerliche Ratifizierung notwendig machen. Das wiederum könnte dazu führen, dass es in mehr Ländern als bisher ein Referendum geben wird. Beispiel Österreich: Durch die europapolitische Neuausrichtung der SPÖ würde hier eine Volksbefragung immer wahrscheinlicher werden. FPÖ und BZÖ forderten ein Referendum schon bisher. In Österreich wäre sicherlich mit einem negativen Ergebnis eines Referendums zu rechnen. So sehen – nach dem neuesten Eurobarometer – nur noch 28% der Bevölkerung die EU positiv.